Der wahre Grund der EZB-Zinssenkung

Foto: Guenter Hamich / pixelio

04.06.2014 | Markus Fugmann / Kilian Kimmel / Finanzmarktwelt | Die am Donnerstag erfolgende Zinssenkung durch die EZB dient in erster Linie zur Aufpolierung der Bank-Bilanzen.

Unsere allseits bekannten und beliebten Crash-Propheten werden zu wenig gehört. Jetzt sieht sich die EZB sogar gezwungen, fast genötigt, die eigentliche Funktion dieser Crash-Propheten zu übernehmen und sich selbst und uns vor einem Crash zu warnen, vor einem Platzen einer Blase, die sie selbst kräftigst aufgepumpt haben. Verrückte Welt oder was steckt dahinter ?

Zu Beginn des kommenden Jahres wird die Europäische Bankenunion ihre Arbeit aufnehmen, eine EU-weite Finanzaufsichtsbehörde unter Aufsicht der EZB. Im Vorfeld gibt es noch den AQR, den Bankenstresstest für 128 Institute. Damit bei diesem Asset Quality Review nichts schief geht, müssen einerseits die Banken ihre faulen Kredite und toxischen Papiere aus der eigenen Bilanz in Schattenbanken auslagern – und andererseits sorgt die EZB durch weitere Zinssenkung dafür, dass die Bankbilanzen besenrein der neuen Aufsichtsbehörde übergeben werden können. Wie funktioniert das ?

Der aktuelle Zinssatz geht in den Verlauf der Zinsstrukturkurve mit ein. In der Bankbilanz müssen Anlagen, z. b. Wertpapiere, nach dem sog. Mark-To-Market-Prinzip ausgewiesen werden, d. h. mit dem aktuellen Marktwert bzw. dem aktuellen Barwert. Da Barwert und Zinssatz sich zueinander reziprok verhalten, steigt der Barwert, wenn der Zinssatz sinkt.

Fazit: Bei einer Zinssenkung der EZB führt dies über die Anpassungsprozesse der Zinsstrukturkurve dazu, dass die Bewertung der Wertpapiere nach dem Mark-To-Market-Prinzip einen höheren Barwert ausweisen können – Bankbilanzen werden durch die Niedrigzinspolitik besser bewertet.

Würde jetzt der Zinssatz nochmals halbiert, auf 0,125 Prozent, würden sich die Barwerte in den Bankbilanzen mit dem Faktor 2 erhöhen.

Angesichts dieser geschönten Bilanzen kann man von einem ernsthaften Stresstest nicht sprechen. Das ist auch nicht gewollt. Niemand, auch nicht die größte Zombiebank, darf an diesem Stresstest scheitern. Dazu passt auch, dass die EZB einen Roll-Over fälliger Papiere für marode Banken plant: vor ca. 3 Jahren hat die EZB den Banken in Form eines Mengentenders zinsgünstig einen Betrag von 1 Billion Euro zur Verfügung gestellt (LTRO). Davon sind bis dato 300 Milliarden Euro noch nicht getilgt worden, Fälligkeitstermin 1. März 2015.

An uns gerichtet wird kommuniziert, dass die Zinssenkung am Donnerstag die böse Deflation bekämpfen soll, ich glaube, dass es ausschließlich um den Bilanzeffekt bei den Banken geht.

Nicht ohne Grund warnt die EZB vor einem Crash, sie wissen wie katastrophal die Bankbilanzen aussehen und es soll zugleich eine Warnung an die kriselnden EU-Regierungen sein, die jetzige Geldpolitik der EU durch fehlende Unterstützung nicht zu konterkarieren. Ein Politikwechsel der EZB würde zu einem Kollaps der Finanzmärkte führen. Das wollte uns die EZB sagen.

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